Lohnentwicklung: Aussage des Statistischen Bundesamts unterstreicht Bedeutung des Inflationsziels der EZB
Lohnentwicklung - 23-09-2014

“Der Anstieg der Reallöhne seit dem zweiten Quartal 2013 ist vor allem durch den unterdurchschnittlichen Anstieg der Verbraucherpreise begründet.” Diese Aussage trifft das Statistische Bundesamt in seiner heute veröffentlichten Pressemitteilung zur Lohnentwicklung. Sie ist insofern bedeutsam, als dass immer noch viele meinen – so auch der Bundeswirtschaftsminister und SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel -, die Lohnentwicklung müsse sich an der Produktivitätsentwicklung plus der Verbraucherpreisentwicklung ausrichten – und nicht an der Produktivitätsentwicklung plus dem Inflationsziel der Europäischen Zentralbank (EZB).

Die vom Statistischen Bundesamt veröffentlichten Zahlen zeigen, wie verhängnisvoll jene Sichtweise ist. Orientieren sich nämlich die Tarifparteien an der Produktivitätsentwicklung plus der Verbraucherpreisentwicklung würde aufgrund der aktuellen Verbraucherpreisentwicklung bei entsprechenden Tarifergebnissen die nominale Lohnentwicklung schwächer ausfallen als bei Berücksichtigung des Inflationsziels der EZB. Da das Verhältnis von nominalen Löhnen zur realen Produktivität (nominale Lohnstückkosten) erfahrungsgemäß seinerseits die Preisentwicklung wesentlich bestimmt, besteht die Gefahr dauerhaft – gemessen am Inflationsziel der EZB – zu niedriger Inflationsraten bzw. Deflationsgefahr. Dieser Zusammenhang gilt natürlich auch unter umgekehrten Vorzeichen: Liegt die Verbraucherpreisentwicklung über dem Inflationsziel der EZB besteht, vermittelt über denselben Mechanismus, die Gefahr dauerhaft – gemessen am Inflationsziel der EZB – zu hoher Inflationsraten bzw. Inflationsgefahr. Von einer solchen Entwicklung sind wir, wie das Statistische Bundesamt aufzeigt, weit entfernt (siehe dazu zuletzt auch: Die Deflationsgefahr in Deutschland bleibt präsent [vollständiger Beitrag im Abonnement]).

In unseren regelmäßigen Berechnungen zum Verteilungsspielraum legen wir daher immer die reale Produktivitätsentwicklung und das Inflationsziel der EZB von “unter, aber nahe zwei Prozent” (1,9%) zugrunde.

Hintergrund:

Jahreswirtschaftsbericht/Bundestagsdebatte: Gabriels neue Bestimmung der Lohnentwicklung ist ein Fortschritt – reicht aber nicht aus

Eurokrise/Konjunktur/Arbeitskosten/Verteilungsspielraum: Eurostat fehlinterpretiert “Arbeitskosten” – Ausschöpfung des Verteilungsspielraums zeigt, warum es nicht aufwärts geht und Deflation droht (vollständiger Beitrag im Abonnement)

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