Skizzen: Der “Schuldensozialist” Moscovici zeigt journalistische Bodenlosigkeit deutscher “Qualitäts”-Medien

Der deutsche “Qualitäts-Journalismus” liegt nicht nur am Boden, er ist bodenlos. Nach der unsäglichen Berichterstattung führender Medien – privat und öffentlich-rechtlich – zur Ukraine-Krise, zeigen dies jetzt die Kommentare zur Ernennung des ehemaligen französischen Finanzministers Pierre Moscovici. Ausnahmslos geht dieser als der durch, als den ihn Wolfram Weimer für n-tv abkanzelt: “Ein Schuldensozialist als Währungshüter“. Der öffentlich-rechtliche Rundfunk steht mit einem wie Martin Zagatta nicht besser da.

“Zagatta: Der französische Sozialist Moscovici erhält jetzt den wichtigen Posten des Wirtschafts- und Währungskommissars. Ist das aus deutscher Sicht, wenn man den Blick richtet auf Haushaltsdisziplin, nicht eine halbe oder eine ganze Katastrophe?”

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Wodurch erhält Journalismus Boden, ein Fundament? Durch Hinterfragen, durch Neugierde, indem er sich um eigene Antworten bemüht, aus denen heraus er weiter vorstoßen, neue Fragen entwickeln kann. Auch aus Zweifel, dem Drang, sich immer wieder selbst zu vergewissern. Der deutsche Journalismus, der etablierte in seiner erdrückenden Mehrheit, aber kennt keine Zweifel mehr. Deswegen lässt er jeden neugierigen, nach Antworten suchenden Zuhörer nur noch verzweifeln. Dieser etablierte Journalismus ist so des Hinterfragens und der Kritik entwöhnt, dass er in seinen Online-Ausgaben die Kommentarfunktion ausschalten muss und Diskussionsrunden so besetzt und so moderiert, dass eine wirkliche Kontroverse gar nicht mehr stattfindet.

Die größtenteils an prominenten Journalistenschulen ausgebildeten Redakteure, Korrespondenten, Chefredakteure, Programmmacher, Intendanten halten Widerspruch gar nicht mehr aus. Ihre Personalpolitik duldet ihn nicht. Intellektuelle Vielseitigkeit, intellektueller Wettbewerb, Aufklärung ist in dieser herangezüchteten Monokultur schon lange ausgestorben. Hier und da, gewiss, keimt immer wieder ein zartes Pflänzchen an Eigenständigkeit auf. Begierig haben wir solche vom Aussterben bedrohten Exemplare in unserer Rubrik “Pflichtlektüre” aufgegriffen oder anderweitig herausgestellt. Aber das alles unterstreicht ja nur: der deutsche “Qualitäts”-Journalismus ist bodenlos. Er braucht keine Zensurbehörde. Er zensiert sich selbst. Mit dieser Zensur stirbt offensichtlich auch die Scham. Und schämen sollten sie sich. Schämen sollten sie sich, diese “Journalisten”.

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