Wenn es nach der Journalistin Yasmin El-Sharif geht, sollen sich Spartengewerkschaften wie die GDL besser schon jetzt so verhalten, als wäre die geplante Tarifeinheit bereits Gesetz. Weil die GDL das nicht tut, ist sie für El-Sharif “Deutschlands dümmste Gewerkschaft“.
Man kann dem ganzen dennoch eine gewisse Hochachtung zollen: Schafft es El-Sharif doch aus einem einfachen Zirkelschluss einen ganzen Artikel zu zaubern. Würde das Gesetz zur so genannten Tarifeinheit verabschiedet, so El-Sharif, “dürften sogenannte Spartengewerkschaften dann nicht mehr streiken, weil die größeren mit mehr Mitgliedern in einem Betrieb dann Vorrang hätten. Für die Lokführer, Piloten oder Ärzte würde dann die Friedenspflicht gelten.” El-Sharifs Zirkelschluss: “Jede überzogene Forderung, wie die von Weselsky oder auch die Altersgeld-Wünsche der Piloten, spielt den Befürwortern der Tarifeinheit in die Hände. Wenn die Lokführer ihren Kurs nicht ändern, rechtfertigen sie ungewollt ihre eigene Entmachtung.” Um also zu verhindern, dass das Tarifeinheitsgesetz Wirklichkeit wird und die GDL und andere Spartengewerkschaften zur Friedenspflicht verdonnert, sollen sie sich gleichsam selbst dazu verdonnern.
Offensichtlich lernt man den Zirkelschluss nicht länger an deutschen Universitäten und Journalistenschulen, wohl aber diesen interessant zu verpacken. Warum dann aber nicht gleich Marketing studieren? Hm, darauf weiß ich zugegeben keine Antwort. El-Sharif jedenfalls münzt dazu ein auch in ihren Augen berechtigtes Streikanliegen, dessen sie sich einleitend durchaus einfühlsam annimmt, in einen “Egotrip” des GDL-Chefs Weselsky um: “Weselskys Egotrip ist die beste Werbung, die sich Arbeitgeberverbände für ihre Forderung nach einem Tarifeinheitsgesetz wünschen können.”
Zwar hätten die GDL-Mitglieder mit 91 Prozent für unbefristete Streiks gestimmt, so El-Sharif. Aber: “Dass sie damit jetzt die Macht des Vorsitzenden stärken – und ihre eigene langfristig schwächen, haben sie dabei wohl nicht bedacht.”
Und noch eine Warnung gibt El-Sharif den Lokführern mit auf den Weg, und den Lufthansa-Piloten gleich mit: “Die Lokführer und auch die Lufthansa-Piloten sollten sich bewusst sein, dass ihre Handlungen momentan genauestens von Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) und den Arbeitgebern beobachtet werden.”
Wenn das kein Grund ist, den Streik abzublasen, dann weiß ich auch keinen.
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