Ölpreis,Konjunktur,Inflation,Deflation: Der überschätzte Ölpreis

“Weiter schwache Inflation dank fallender Ölpreise”, titelte die Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ) am 13. November in Übernahme einer Agenturmeldung. Sich wohl auf dieselbe Agenturmeldung stützend, titelte die Süddeutsche Zeitung ebenfalls am 13. November: “Fallende Ölpreise: Inflation verharrt auf Jahrestief”. Nicht nur die Überschriften, auch die dazugehörigen Texte suggerieren, dass die nahe an der Grenze zur Deflation befindliche und weit vom Inflationsziel der Europäischen Zentralbank (EZB) von “unter, aber nahe zwei Prozent” entfernte jährliche Preissteigerungsrate in Deutschland vor allem sinkenden Ölpreisen geschuldet sei. Allein schon die Originalmeldung des Statistischen Bundesamts aber lässt erkennen, dass der Ölpreis trotz seines starken Rückgangs die Inflation insgesamt nur um 0,3 Prozentpunkte gedrückt hat. Statt 0,8 Prozent hätte die Inflation im Oktober ohne Berücksichtigung der Preise für Mineralölprodukte 1,1 Prozent betragen. Ein ähnliches Bild ergibt sich für den zuletzt ausgewiesenen Monat November. Leider hält das Statistische Bundesamt eine entsprechende Berichterstattung nicht durchgehend aufrecht, sondern bezieht sich mal auf die Berücksichtigung der Preisentwicklung ohne Mineralölprodukte und mal auf die ohne Energie insgesamt, je nach den spezifischen Besonderheiten des Monats. Die Nutzung langfristiger Zeitreihen allerdings lässt den Schluss zu, dass die Bedeutung des Ölpreises für die Preisentwicklung insgesamt überschätzt wird. Eng damit verbunden sind dann auch Fehleinschätzungen hinsichtlich entsprechender Auswirkungen des Ölpreises auf die Konjunktur, ganz unabhängig davon, ob jene Einschätzungen davon ausgehen, dass der Ölpreis die Konjunktur stützt oder dämpft; allein, dass sie ihn als ursächlich für den Konjunkturverlauf in den Mittelpunkt stellen, erscheint unter den gegenwärtigen Voraussetzungen wie unter denen vorangegangener Jahre übertrieben. Es führt nicht nur dazu, dass Faktoren, die einen viel größeren Einfluss auf die Preisentwicklung und die Konjunktur ausüben, übersehen oder vernachlässigt werden, sondern auch, dass der Einfluss der Konjunktur selbst auf die Preisentwicklung und den Ölpreis ausgeblendet wird. Damit passt die hier kritisierte Behandlung des Ölpreises freilich trefflich zur stiefmütterlich behandelten Konjunktur im Rahmen wirtschaftswissenschaftlicher und wirtschaftspolitischer Betrachtungen in Europa. Die vernachlässigen seit langem eine gesamtwirtschaftliche Konjunkturanalyse zur Erklärung wesentlicher Entwicklungen, wie der am Arbeitsmarkt beispielsweise. Stattdessen haben sie sich ebenso lange wie erfolglos auf Strukturanalysen und Strukturpolitik zurückgezogen, die sich auf einzelwirtschaftliche Rahmenbedingungen, noch dazu einseitig aus Sicht von Arbeitgeberinteressen, oder einzelne Sektoren wie den Staatshaushalt konzentrieren…Ölpreis,Konjunktur,Inflation,Deflation: Der überschätze Ölpreis (vollständiger Beitrag im Abonnement)

Wirtschaft und Gesellschaft – Analyse & Meinung finanziert sich ausschließlich über Abonnements und Spenden. Noch sind diese nicht Existenz sichernd. Guter Journalismus muss bezahlt werden, um zu überleben. Deswegen:

Abonnieren Sie Wirtschaft und Gesellschaft – Analyse & Meinung oder spenden Sie bitte an:




————————————————————-

Sie können helfen, unseren Leserkreis zu erweitern!

Wirtschaft und Gesellschaft hat jetzt auch eine und freut sich über jedes “Gefällt mir”.

————————————————————-


Dieser Text ist mir etwas wert


Verwandte Artikel: