Sven Astheimer (FAZ) und Heinrich Alt (Bundesagentur für Arbeit) verstehen den Arbeitsmarkt nicht
Alt - Bundeagentur für Arbeit - twitter - 28-11-2014

Sven Astheimer arbeitet in der Wirtschaftsredaktion der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ) unter anderem zu dem Schwerpunktthema Arbeitsmarkt (siehe hier). Und doch, so scheint es, versteht er den Arbeitsmarkt nicht. Umso mehr wundert es, das Heinrich Alt, Mitglied im Vorstand der Bundesagentur für Arbeit, Astheimers Artikel als “gute Analyse” zum deutschen Arbeitsmarkt anpreist.

Das grundsätzliche Problem ist dabei wohl, dass Astheimer, obwohl sein Artikel, “Der Mythos vom prekären Arbeitsmarkt”, unter dem Pfad “Konjunktur” abgelegt und veröffentlicht ist, den Zusammenhang von Konjunktur und Arbeitsmarkt nicht sieht. Im Gegenteil, Astheimer interpretiert steigende Beschäftigungszahlen selbst im “schwierigen politischen und konjunkturellen Umfeld” als Beleg für “eine fast wundersam zu nennende Erfolgsgeschichte”. Ja, sogar, wie es einleitend heißt: “eine einzigartige Erfolgsgeschichte”. Nun sollte man von einer Analyse erwarten, dass sie eben diese vermeintlich einzigartige Erfolgsgeschichte schlüssig erklärt. Zumal Astheimer “interessierten Stellen” vorhält “die Fakten” zu ignorieren. Astheimer: “Es geht um die Behauptung, dass das ´German Jobwunder´ vor allem unsichere Billigjobs und Hungerlöhne hervorgebracht habe. Dass die Legende vom dynamischen prekären Arbeitsmarkt eben eine solche ist, belegen die Daten klar. Doch was scheren schon die Fakten, wenn die steile These eigene politische Forderungen nach mehr Regulierung und Gesetzen über Mindestlöhne so schön stützt?”

Einmal ganz abgesehen davon, dass Astheimer selbst äußerst selektiv mit vermeintlichen “Fakten” umgeht, wenn er seine Behauptungen denn überhaupt als solche mit Belegen stützt. Und abgesehen davon, dass es in der Überschrift noch heißt: “Mythos vom prekären Arbeitsmarkt”, Astheimer dies dann aber relativiert zu einer “Legende vom dynamischen prekären Arbeitsmarkt”. Der prekäre Arbeitsmarkt wäre demnach doch kein Mythos, lediglich hätte seine Dynamik nachgelassen. Das Entscheidende ist: Es gelingt Astheimer nicht, einen Zusammenhang der von ihm befürworteten “atypischen Beschäftigungsverhältnisse” und der Entwicklung am Arbeitsmarkt zu belegen. Astheimer verliert sich stattdessen in die Entwicklung und Struktur der atypischen Beschäftigungsverhältnisse und wirft denen, die diese problematisieren, “mangelende Substanz” vor. Um dann, mir nichts, dir nichts, zu schlussfolgern: “Der Verlust des Niedriglohnsektors könnte gefährlich werden”.

Astheimers Argument: “Mindestlöhne auf der einen und wirtschaftlicher Strukturwandel auf der anderen Seite drängen diesen Einstiegsarbeitsmarkt für viele Geringqualifizierte und (Langzeit-)Arbeitslose vehement zurück. Gerade diese Gruppen dürften in Zukunft jedoch die größten Probleme haben.” Astheimer unterscheidet dann noch zwischen der Ausgangslage der Akademiker und Facharbeiter auf der einen Seite und den Langzeitarbeitslosen, Schlecht- und Geringqualifizierten auf der anderen Seite. Das alles bleiben jedoch solange Mutmaßungen ohne die von Astheimer selbst eingeforderte Substanz, solange der Zusammenhang zwischen dem von Astheimer für relevant erachteten Niedriglohnsektor und steigender Beschäftigung bzw. sinkender Arbeitslosigkeit nicht belegt ist. Astheimer versucht dies gar nicht erst. Dabei zeigt die offizielle Statistik  – sowohl die Beschäftigten-, als auch die Arbeitslosenstatistik – auf nachvollziehbare Art und Weise, dass die zentrale Grundlage für steigende Beschäftigung und sinkende Arbeitslosigkeit immer noch dieselbe ist, wie vor den Arbeitsmarkt-”Reformen” und dem aus ihnen hervorgegangenen Niedriglohnsektor. Sie erklärt auch, warum der Niedriglohnsektor nicht hilfreich, ja sogar kontraproduktiv ist…Sven Astheimer (FAZ) und Heinrich Alt (Bundesagentur für Arbeit) verstehen den Arbeitsmarkt nicht (vollständiger Beitrag im Abonnement)

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