Nicht nur im Rahmen der Ukraine-Krise, die sich längst zu einem offenen Krieg entwickelt hat, fällt der Deutschlandfunk, zurückhaltend formuliert, nicht eben durch eine ausgewogene Berichterstattung auf. Wir haben dies in verschiedenen Beiträgen problematisiert. Umso mehr fällt es auf, wenn JournalistInnen sich mit ihrer Berichterstattung hiervon positiv abheben. Das war in der vergangenen Woche der Fall, als Thomas Otto über den NATO-Jahresbericht informierte.
Sein Bericht zeigt die Sicht der NATO auf den Krisenherd Ukraine und die Entwicklung in Russland. Er zeigt aber gleichzeitig, dass die NATO entsprechend ihrer an Russland gerichteten Vorwürfe keine Auskunft über die Handlungen der NATO selbst gibt.
So heißt es in dem Bericht:
“Regelmäßig teste Russland die Alarmbereitschaft der NATO-Luftstreitkräfte. Über 400 Mal seien russische Maschinen an der Grenze zum NATO-Luftraum abgefangen worden. Diese Zahl habe sich vervierfacht.”
Unmittelbar im Anschluss daran heißt es aber auch:
“Wie oft NATO-Maschinen sich anders herum dem russischen Luftraum genähert haben, dazu machte Stoltenberg keine Angaben.”
Dem ist nicht nur zu entnehmen, dass der NATO-Chef die Information zu den Aktivitäten der NATO selbst aussparte, sondern es lässt die Schlussfolgerung zu, dass er auch auf Nachfrage keine Auskunft gab.
Zweitens, ist auf der einen Seite Stoltenberg selbst zu den steigenden Rüstungsausgaben Russlands zu vernehmen:
“Russland hat seine Militärausgaben erhöht. Sie haben ihre Fähigkeiten verbessert. Beispielsweise können sie innerhalb weniger Stunden oder Tage Zehntausende Soldaten in Marsch setzen. Und wir haben auch gesehen, dass Russland bereit ist, Gewalt einzusetzen. Das haben wir gesehen in Georgien und Moldawien und wir haben es in der Ukraine gesehen, auf der Krim und in der Ostukraine.”
Am Ende des Berichts ergänzt Otto jedoch:
“Im vergangenen Jahr hätten die NATO-Mitglieder umgerechnet rund 750 Milliarden Euro für Rüstung ausgegeben. Das ist etwa zehn Mal so viel wie Russland im gleichen Zeitraum investiert hat.”
Auf der Grundlage einer solchen Berichterstattung kann sich jeder in der Tat eine eigene Meinung bilden oder sich eingeladen fühlen, hinsichtlich der offenen Fragen weiter zu recherchieren.
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