Ob Stellungnahmen zum Mindestlohn und zu anderen jüngeren Gesetzgebungen der Bundesregierung, ob Eurokrise, ob Griechenland, Ukraine, Russland, Syrien: Nachrichten gibt es zuhauf, in der Substanz aber hat sich in den vergangenen Tagen und Wochen, vielleicht sogar Monaten nichts geändert.
Der Mindestlohn ist definitiv kein Ruhmesblatt für die Bundesregierung. Nicht aber, weil er “die Wirtschaft” belasten würde, sondern weil 8,50 Euro die Existenz nachweislich nicht sichern können und Menschen selbst von diesem kargen Lohn weiterhin ausgeschlossen bleiben. WuG hat den Mindestlohn in seiner Substanz analysiert. Dem ist bis heute nichts Substanzielles hinzuzufügen (siehe Der Mindestlohn als sinnvolles Instrument gesamtwirtschaftlicher Steuerung und 1. Lesung Mindestlohn-Gesetz im Deutschen Bundestag: Unsere Analysen zum Mindestlohn auf einen Blick).
Die Eurokrise ist immer noch dieselbe. Weiterhin klammern Politik und einschlägige Medien die wichtigsten Ursachen aus: Weit vor Ausbruch der Eurokrise waren dies die divergierenden Inflationsraten in einzelnen Euro-Ländern, die einen fairen Wettbewerb bis heute unterminieren (siehe zuletzt hier). Seit dem Frühjahr 2011 ist es die Austeritätspolitik – das Oktroyieren staatlicher Ausgabenkürzungen, Lohnsenkungen und des Abbaus von Arbeitnehmerrechten -, das die davon betroffenen Volkswirtschaften in eine tiefe Depression gestürzt hat, deren Folgen sie bis heute nicht überwunden haben. Die schlimmste Folge ist die Massenarbeitslosigkeit, die, anders als die politisch Verantwortlichen und ihnen nach den Mund redende Medien weißmachen wollen, ein konjunkturelles, also ein wachstumsbedingtes Problem ist, und kein strukturelles, also ein durch die Gesetzgebung (zu hohe Sozialausgaben, zu viel Staat, zu wenig Wettbewerb, zu viel Arbeitnehmerrechte etc.) bedingtes Problem. Was nicht automatisch heißt, dass die Struktur von Volkswirtschaften nicht verbesserungswürdig wäre. Nur ist sie eben für die gegenwärtige Massenarbeitslosigkeit nicht die Ursache. Und die erschüttert längst nicht allein das soziale, sondern darüber vermittelt auch das politische Fundament: die Demokratie. Das war und ist, wie allein die Geschichte schon lehrt, nicht anders zu erwarten. Um so erschreckender, wie die politisch Verantwortlichen diese Entwicklung ausblenden und sich stattdessen auf wenig aussagekräftige Zahlen des Staatshaushalts fixieren. Auch das ist längst in ausreichendem Umfang nicht nur in WuG analysiert und kommentiert worden (siehe ausführlich zuletzt hier).
Im Kontext der Eurokrise, die bis heute häufig nicht als Währungs-, sondern als Staatsschuldenkrise begriffen wird, steht aktuell auch wieder Griechenland. Auch hier wird jeden Tag eine neue Sau durchs Dorf getrieben. Substanziell aber gibt es auch über Griechenland nichts Neues zu sagen (siehe zuletzt hier).
So verhält es sich auch mit der Ukraine und Russland. Unbedingt ist es ein Fortschritt, dass die Waffen nach dem jüngsten Anlaufversuch in Minsk nun weitgehend schweigen. Das Grundproblem aber besteht fort: die Konfrontation zwischen West und Ost, zwischen der NATO und Russland. Auch hier sind es die mangelnde Selbstreflexion und die tief sitzende Voreingenommenheit auf beiden Seiten, die Sorge bereiten müssen, die Unfähigkeit, sich in die Position des jeweils anderen hinein zu denken und zu fühlen. Viel früher hätte auf Frieden und auf wirtschaftliche Kooperation und Entwicklung gesetzt werden müssen, als, wie immer noch ungeachtet aller zu begrüßender Diplomatie, auf Konfrontation (siehe den Beitrag in WuG aus April 2014 hierzu).
Das gilt auch für den anhaltenden Krieg in Syrien. Auch hier hätte längst das Gespräch mit Assad gesucht werden müssen (siehe hierzu das heute im Deutschlandfunk geführte Interview mit Jacques Myard, Abgeordneter der konservativen UMP in Frankreich).
Aus dieser Bestandsaufnahme, so unbefriedigend sie auch ausfällt, lässt sich indes zumindest ein positives Ergebnis herauslesen: Eine frühzeitige, unvoreingenommene und fundierte Analyse hilft, Probleme nicht nur frühzeitig zu erkennen, sondern auch Lösungsvorschläge zu unterbreiten und die Flut der Nachrichten auf ihre Substanz hin zu filtern.
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