Sehr positive reale Einzelhandelsumsätze im Januar – deren Grundlage jedoch eine Gefahr in sich birgt

Das Statistische Bundesamt meldete heute früh für den Monat Januar eine ordentliche reale Zuwachsrate bei den Einzelhandelsumsätzen, das gilt auch, wenn man berücksichtigt, dass der Einzelhandel offenbar mit fallenden Preisen zu kämpfen hat. Der nominale Wert ist einen Monat mehr niedriger als der reale Wert (Deflation). Wir registrieren dies seit Oktober vergangenen Jahres (siehe zuletzt hier). Es ist wichtig zu beobachten, ob sich die fallenden Preise nicht über kurz oder lang auf das Kaufverhalten auswirken. Die große Gefahr fallender Preise (Deflation) ist ja, dass sich die breite Erwartung weiter fallender Preise durchsetzt und sich die Kunden daraufhin in Kaufzurückhaltung üben.

Die in der Pressemitteilung ausgewiesenen Zahlen zeigen dabei fallende Preise in fast allen Warengruppen: der reale, also preisbereinigte Einzelhandelsumsatz ist höher als der nominale, also nicht preisbereinigte. Das Statistische Bundesamt problematisiert das nicht. Es verweist nicht einmal direkt auf diese problematische Entwicklung. Darauf angesprochen, antwortete mir der zuständige Statistiker beim Statistischen Bundesamt am Telefon, dass, erstens, die jeweilige Zuständigkeit (hier die der Einzelhandelsumsätze) nicht auf die jeweilige Entwicklung in anderen Zuständigkeiten (hier die Einzelhandelspreisindizes) eingehen bzw. darüber berichten würde, und, zweitens, die Preise ja auch wieder steigen würden. Beides ist, wie die hier angestellten Überlegungen zeigen, problematisch.

Stattdessen meldet das Statistische Bundesamt einen Rekord: “Das war die höchste reale Veränderungsrate im Vergleich zum jeweiligen Vorjahresmonat seit Juni 2010 (+ 6,0 %).” Im Juni 2010 aber war die Preisentwicklung im Einzelhandel positiv. So war die nominale Zuwachsrate im Juni 2010 mit 6,25 Prozent deutlich höher als im Januar 2015 (4,1%). Die negative Preissteigerungsrate aus dem Januar 2015 unterstellt, hätte der reale Umsatz im Juni 2010 6,7 Prozent betragen. Der Vergleich des Statistischen Bundesamts hinkt, und die Berichterstattung der Pressemitteilung vernachlässigt die Deflationsgefahr. Eine Einbeziehung jeweils anderer Zuständigkeiten in die Berichterstattung der eigenen Zuständigkeit würde die Pressemitteilungen des Statistischen Bundesamts zum Einzelhandelsumsatz sicherlich in ihrer Aussagekraft stärken und das Problembewusstsein schärfen.

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