Hörfunkrat meint Linke-Politiker kennen sich nicht besonders gut aus und können sich nicht verständlich machen

Wirtschaft und Gesellschaft – Analyse & Meinung (WuG) fragt seit Mai 2013: Wie häufig kamen die im Bundestag vertretenen Parteien im öffentlich-rechtlichen Rundfunk zu Wort? In diesem Rahmen werten wir monatlich das Interview-Archiv des Deutschlandfunks aus. Ein Ergebnis ist, dass Politiker der Linken regelmäßig und auffällig unterrepräsentiert sind, sowohl gemessen an der absoluten Zahl der Interviews, als auch unter Berücksichtigung der Stärke, mit der sie im Vergleich zu den anderen Parteien im Deutschen Bundestag vertreten sind, wie auch des Oppositions-Status. Kommen Politiker einer Partei regelmäßig und auffallend weniger zu Wort als die anderer Parteien, kann die benachteiligte Partei entsprechend weniger den politischen Meinungsbildungsprozess in der Bevölkerung beeinflussen. Dem entsprechend werden der Bevölkerung alternative Sichtweisen, Argumente, Meinungen vorenthalten. Wir haben dies an anderer Stelle ausführlicher erläutert (siehe zuletzt hier mit weiteren Hinweisen). Dies hat mich als Herausgeber dieses Mediums schließlich dazu bewogen, den Hörfunkrat darüber zu informieren. Der Hörfunkrat hat in seiner letzten Sitzung nunmehr darüber befunden. Der Brief des Vorsitzenden des Hörfunkrats, Frank Schildt (SPD), der über das Ergebnis informiert, stimmt nachdenklich.

Hier die Begründung des Hörfunkrats:

“Der Hörfunkrat schließt sich der in der Hörfunkratssitzung geäußerten Auffassung des Programmausschusses an. Die Auswahl von Interviewpartnern im Deutschlandfunk erfolgt ausschließlich nach journalistischen Kriterien sowie tagesaktuellen Bedürfnissen des Programms. Mit Blick auf die Planung einer aktuellen Sendung bedeutet dies konkret: Vorrang hat immer eine Gesprächspartnerin bzw. ein Gesprächspartner, die/der sich mit dem zu besprechenden Sachverhalt besonders gut auskennt und in der Lage ist, ihr/sein Wissen möglichst verständlich in Worte zu fassen.

Aus diesem Grund hat der Hörfunkrat Ihre Programmbeschwerde zurückgewiesen.”

(Quelle, vollständiger Brief hier: Antwort des Vorsitzenden des Hörfunkrats, Frank Schildt [SPD] auf Programmbeschwerde vom 15.09.2015 [.pdf] )

Daraus lässt sich ja wohl nur schließen, dass der Hörfunkrat

1. meint, Politiker der Linken kennen sich nicht besonders gut mit dem zu besprechenden Sachverhalt aus, und dass diese

2. nicht in der Lage sind, ihr Wissen möglichst verständlich in Worte zu fassen.

Zum Beispiel im Vergleich mit Politikern der Grünen, mit denen der Deutschlandfunk allein im zurückliegenden September mehr als doppelt so viele Interviews geführt hat als mit Politikern der Linken.

Woher wollen der Programmausschuss, der Hörfunkrat und die Moderatoren des Deutschlandfunks das aber wissen, wenn der Deutschlandfunk Politiker der Linken zu bestimmten Themen gar nicht erst interviewt oder nur sehr selten? Ist die Begründung des Hörfunkrats nicht vielmehr Ausdruck dessen, dass die Auswahl der Interviewpartner gerade nicht ”ausschließlich nach journalistischen Kriterien” erfolgt, sondern eine ordentliche Portion politische Voreingenommenheit bzw. Vorverurteilung mit ihm Spiel ist? Diese Frage ließe sich ohne weiteres noch weiter zuspitzen: Man denke nur an die vom Deutschlandfunk besonders häufig, teils geradezu inflationär interviewten Politiker, deren Sicht nicht selten besonders einseitig ausfällt und deren Sachkenntnis einem neutralen Beobachter durchaus fragwürdig erscheinen muss? Macht der Gewohnheit, Bequemlichkeit, politische Voreingenommenheit, scheinen hier doch eine größere Rolle zu spielen, als journalistische Kriterien.

Nicht nur diese Antwort des Vorsitzenden des Hörfunkrats, auch vorangegangene Antworten anderer Beteiligter, darunter der Intendant des Deutschlandfunks, Willi Steul, lassen nicht auf ein angemessenes Problembewusstsein hierzu schließen (siehe hierzu unsere vorangegangenen Veröffentlichungen zum Thema). Sie erscheinen mir vielmehr als Teil des Problems. Umso interessanter wird es sein, der Zusammensetzung des Hörfunkrats und des Programmausschusses genauer auf den Grund zu gehen. Neben der Fortsetzung unserer monatlichen Medienanalyse soll dies Gegenstand weitergehender Beiträge zum Thema sein.


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