Der Terror in den Medien: Das Geschäft mit dem Tod und die Jagd nach Klicks

Am extremsten praktiziert es vielleicht “Spiegel online”; aber auch “Die Welt” ist immer ganz vorn dabei, wenn es darum geht, möglichst im Sekunden-, Minuten-, Stunden-Takt neue Schlagzeilen zu produzieren. Fast fühlt man sich an den Jahrmarkt aus der Kindheit erinnert, auf dem die Veranstalter alles daran setzten, die Besucher dazu zu bewegen in ihr Karussel einzusteigen. Das Karussel des Terrors in den Medien dreht sich in schwindelerregendem Tempo. Die Berichte sind größtenteils hohl und machen hohl, sie betäuben, lassen ein flaues Gefühl im Magen entstehen, produzieren Leere, machen Angst, sie setzen auf den Thrill, den Nervenkitzel, kurzum auf all das, was eine Karussell-Fahrt ausmacht. Nur, dass es hier nicht um einen Familienausflug geht, dessen Sinn man natürlich ebenfalls trefflich infrage stellen kann, sondern um ein übles Geschäft mit dem Tod. Es ist ein schnelllebiges Geschäft. Anders, als die skrupellose Jagd nach Klicks und die damit verbundenen Werbeeinnahmen kann man dieses Phänomen wohl kaum erklären. Aufklärung bieten diese Art von Informationen jedenfalls nicht.

“Newsblogs” sind der neueste Schrei in diesem Geschäft. “Alle Nachrichten zu den Anschlägen”. Und darin überschlagen sich die einschlägigen Medien. Gern auch mit Non-Stop-Video-Berichterstattung von den Tatorten. Über Stunden und Tage. Der Journalismus karikiert damit seinen miserablen Zustand, in den er sich seit Jahren hineingesteigert hat, auf geradezu obszöne Art und Weise selbst.

Öffnet man die Artikel, bieten sie kaum Neues. Erst recht bieten sie keine Analyse, suchen nicht nach tiefer liegenden Ursachen und Zusammenhängen, die die schrecklichen Ereignisse helfen zu erklären. Das alles erinnert an das Marxsche Postulat von der Produktion um der Produktion willen und den ihr zugrundeliegenden Zwängen, sich im Wettbewerb zu behaupten. Diesem Zwang scheinen sich nicht nur die eingangs erwähnten Medien zu beugen, ja, sich ihm geradezu im Rausch hinzugeben, sondern auch die Online-Ausgaben der Süddeutschen Zeitung, der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, der “Zeit”, wo man auch hinschaut. Der Produktionszwang scheint selbst vor so genannten alternativen Medien nicht halt zu machen. Schneller, höher, weiter. Die Medien sind ein Jahrmarkt des Terrors geworden, auf dem sie mit immer schneller drehenden Nachrichten-Karussels um ihre Kunden buhlen, vor allem wohl um ihre Werbekunden bei Laune zu halten oder aber, weil sie schlichtweg Quantität mit Qualität gleichsetzen, indem sie ihren Umsatz als Maßstab für die Qualität ihrer Inhalte nehmen. Daran gemessen aber wäre die “BILD” die Krönung des deutschen Qualitäts-Journalismus.


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