Gabriels Kritik an der Kanzlerin: Keine historische Fußnote, sondern Geschichtsklitterung

Der Parteivorsitzende der SPD, Sigmar Gabriel, der zugleich auch Bundesminister für Wirtschaft und Energie und Vizekanzler ist, hat seiner Kollegin, Bundeskanzlerin Angela Merkel, auf dem Bundesparteitag der SPD am vergangenen Wochenende die Mitschuld am Erfolg Le Pens und ihres Front National in Frankreich gegeben. Er hätte sich besser an die eigene Nase gefasst. In einem Beitrag vom 24. Oktober 2013 hat dieses Medium bereits darauf aufmerksam gemacht: “Merkel, Gabriel und Swoboda machen Le Pen möglich.” Schlimmer noch: Gabriel, der am vergangenen Wochenende behauptet hat, Merkel “übrigens immer wieder gewarnt” zu haben, “Frankreich diesen Sparkurs aufdiktieren zu wollen”, hat bereits 2011 in einem Gastbeitrag für die Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ) versucht, die Kanzlerin bei eben diesem Sparkurs zu toppen. Noch im September 2014 warf Gabriel Frankreich darüber hinaus vor, außer dem Überschreiten der Defizitkriterien nichts gemacht zu haben. In Deutschland habe es dagegen die Agenda 2010 gegeben. Die aber setzte auf Sparen.

Hier zunächst das vollständige Zitat aus der Rede Gabriels:

“Ich habe Angela Merkel übrigens immer wieder davor gewarnt, Frankreich diesen Sparkurs aufdiktieren zu wollen, weil doch schon vor zwei Jahren absehbar war, dass es dabei nur einen Profiteur gibt – den Front National. Und dass nichts Deutschland und Europa mehr Geld kosten wird, als ein Sieg des Front National in Frankreich, und dass es Unsinn ist, die Sparschraube in dem Land anzudrehen und den Front National nach oben zu bekommen. Wenn die auf uns besser gehört hätten, dann wäre Frau Le Pen vielleicht noch nicht so weit, wie sie jetzt gekommen ist. So kann man mit einem Land nicht umgehen. Man muss schon hinschauen, wie die sozialen Verhältnisse in einem Land sind, wenn man ein gemeinsames Europa gestalten will, liebe Genossinnen und Genossen.”

In seinem Gastbeitrag 2011 in der FAZ beklagt sich Gabriel demgegenüber in Richtung der Kanzlerin:

“Nationale Schuldenbremsen wurden zwar verabredet, und wer dagegen verstößt, soll Sanktionen ausgesetzt werden. Die allerdings kann eine Mehrheit der Mitgliedstaaten auch in Zukunft stoppen, wenn sie die Konsequenzen fürchten.”

Eine Finanzierungskrise, so Gabriel in seinem Gastbeitrag weiter, “könnte man lösen, wenn man die Staatsausgaben nur hinlänglich kürzte und ausreichend Bürgschaften für die verbleibenden Staatskredite ausgäbe.”

Um die darüber hinausgehende Vertrauenskrise in Europa zu überwinden, so Gabriel, bedürfe “es aber anderer Mittel als nur des ständigen Nachrüstens mit Geld.”

“Die Welt” zitiert Gabriel noch am 10. September 2014: “Auch Vizekanzler Sigmar Gabriel (SPD) übte Kritik: In Deutschland habe es die Agenda 2010 gegeben. ´Der Unterschied zu Frankreich ist, die haben nur die Defizitkriterien überschritten und ansonsten nichts gemacht´, sagte Gabriel.” Davor kommt in demselben Artikel in “Die Welt” die Kanzlerin zu Wort: “Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) pocht dennoch auf die Einhaltung der Haushaltsziele. ´Damit wir unsere Ziele erreichen, wird strikte Ausgabendisziplin erforderlich sein´, sagte sie im Bundestag.”

Gabriel hat demzufolge in seiner Rede auf dem Bundesparteitag am vergangenen Wochenende die Unwahrheit gesagt. Gabriel hat die Kanzlerin eben nicht “immer wieder davor gewarnt, Frankreich diesen Sparkurs aufdiktieren zu wollen”, sondern der Sparkurs der Kanzlerin ging Gabriel sogar immer noch nicht weit genug. Mit seinem Verweis auf die Agenda 2010 und die Defizitkriterien stößt Gabriel in dasselbe Horn wie die Kanzlerin. Gabriel verteidigt auch bis heute die deutschen Exportüberschüsse und deren Grundlage: die Agenda 2010. Unter den deutschen Exportüberschüssen leidet besonders auch Frankreich, Deutschlands wichtigster europäischer Handelspartner (siehe dazu auch hier). Gabriels Politikentwurf ist damit mit verantwortlich für die Wachstumsschwäche unseres europäischen Nachbarn Frankreich. Damit ist er auch mit verantwortlich für die historisch hohe Arbeitslosigkeit in Frankreich. Die aber ist die Grundlage für die Erfolge Le Pens und ihres Front National (siehe zuletzt auch hier). Gabriel ist ein politischer Scharlatan, der der Gefährlichkeit Le Pens in nichts nachsteht. Er macht Le Pen möglich.


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