Die NATO will mehr Soldaten und Waffen nach Osteuropa verlegen. Deren Generalsekretär, Jens Stoltenberg, sprach von einem “klaren Signal”. Die NATO werde auf jede Agression gegen jeden Verbündeten antworten, so Stoltenberg im Wortlaut. Ein klares Signal der Abschreckung. Aber gegen wen? Ist Russland tatsächlich eine Bedrohung für den Westen? Und wenn, was für eine?
Sieht der Westen es schon als Bedrohung an, wenn sich Russland gegen die maßlose Ausweitung der NATO zur Wehr setzt? Oder rechnet die NATO tatsächlich mit einem Militärschlag Russlands gegen das Baltikum oder Polen und damit gegen die NATO?
Ein Blick auf die Rüstungsausgaben Russlands jedenfalls berechtigt nicht zu dieser Annahme. Die sprechen – wie die seit Ende des kalten Krieges mit wachsendem Eskalationswillen seitens der NATO vorangeboxte Ausweitung ihres “Hoheitsgebiets” gen Russland – vielmehr dafür, dass hier ein alter Feind des Westens neu aufgebaut wird. Gerade in Deutschland stößt das Feindbild des “bösen Russen” auf fruchtbaren Boden. Nicht zuletzt, weil dieser Boden auch in der Nachkriegszeit von vielen Politikern weiter eifrig bestellt wurde, bis heute, und auch, weil die dadurch geprägte Sozialisierung in vielen Familien ihren Teil bis heute dazu beisteuern dürfte.
Der Chef vom Dienst des Handelsblatts, Stefan Menzel, brachte diese Stimmung heute Abend treffsicher auf den Punkt, indem er allenernstes schrieb: “Die Nato scheint langsam wieder aufzuwachen, die Friedensdividende aus der Zeit seit dem Ende des Eisernen Vorhangs ist längst verfrühstückt. Das westliche Verteidigungsbündnis will jedenfalls mehr tun und auch mehr Geld ausgeben. Der Hauptgrund: die wachsende Bedrohung durch Russland. Schon ist die Rede davon, dass die Nato nicht einmal mehr das Baltikum verteidigen könnte. Dann wird es wirklich Zeit, dass in den Verteidigungsetats der Nato-Mitgliedsländer wieder mehr passiert. Das Baltikum ist es wert.”
In überaus starkem Kontrast dazu zeigen sich die Rüstungsausgaben des vermeintlichen Riesen Russlands. Sie nehmen sich geradezu bescheiden aus gegen die Rüstungsausgaben der USA – und auch der Deutschlands, wie die folgende Graphik veranschaulicht.
Sie relativiert auch die von westlichen Medien in den Mittelpunkt gerückte “Aufrüstung” Russlands, die nicht nur von der NATO und Politikern im Westen, sondern auch von vermeintlich unabhängigen Journalisten als Drohkulisse an die Wand gemalt wird. Trotz dieser “Aufrüstung” Russlands und den zuletzt gesunkenen Rüstungsausgaben der USA lagen die Rüstungsausgaben der USA auch 2014 immer noch 6 bis 7 Mal über denen Russlands. Dieses Ungleichgewicht zu Lasten Russlands hat Tradition, wie die Graphik ebenfalls veranschaulicht.
Die Gefahr, dass mit der nicht erst seit heute zu beobachtenden Politik des Westens mehrheitlich friedliebende Menschen in Europa in einen kriegerischen Konflikt hineingetrieben werden, indem ein Feindbild Russland als Drohkulisse aufgebaut wird, scheint mir sehr real, besorgniserregend real.
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