Rente, Dorothea Siems: Not everything is as it Siems

Es ist wieder soweit. Die “Chefkorrespondentin für Wirtschaftspolitik” der Tageszeitung “Die Welt”, Dorothea Siems, hat neuen Stoff für eine unserer Lieblingsserien, “Not everything is as it Siems“, geschrieben. Endlich geht es einmal wieder um die Rente. Immer mehr Politiker, Wissenschaftler und Journalisten scheinen derzeit zu erkennen, dass die private Altersvorsorge, allen voran die Riesterrente, ein Irrweg war. Stattdessen rückt wieder die Stärkung der gesetzlichen Rente in den Blick. Freilich ohne dass die Verantwortlichen in Politik, Wissenschaft und Medien ihren Fehler eingestehen, der darin besteht, dass sie die Durchsetzung der privaten Altersvorsorge zulasten des gesetzlichen Rentenniveaus zu verantworten haben. Noch sind es auch allenfalls nur halbherzige Schritte, die unternommen werden, um die von Beginn an abzusehende Fehlentwicklung zu korrigieren. Die Absenkung des Rentenniveaus, die im Zuge der Teilprivatisierung der Rente durchgesetzt wurde, wird bisher nicht ernsthaft infrage gestellt. Wer aber bis heute gar nichts begriffen hat, ist, wie sollte es anders sein, Dorothea Siems. Sie schreibt heute in “Die Welt“:

“Die kapitalgedeckte Alterssicherung ist weit weniger abhängig von der Demografie, denn hier spart jeder für sein eigenes Alter an. Risiken gibt es also sowohl für das Umlageverfahren der gesetzlichen Rente als auch für die kapitalgedeckte Altersvorsorge. Erfahrungsgemäß fährt man am besten mit einer Mischung aus beiden Systemen.”

Was aber passiert, wenn den vielen Menschen, die heute “für ihr eigenes Alter ansparen”, später, wenn sie damit ihren Altersabend verwirklichen wollen, aufgrund der demographischen Entwicklung nur noch wesentlich weniger junge Menschen gegenüberstehen? Richtig, der Wert der Fonds, in denen die Ersparnisse der Einzelnen zusammen geflossen sind, sinkt. Ein steigendes Angebot trifft auf eine sinkende Nachfrage. Die “kapitalgedeckte Alterssicherung” ist also bestimmt nicht “weit weniger abhängig von der Demografie”, als die gesetzliche Rentenversicherung (siehe hierzu auch die hervorragende, weil allgemeinverständlich erklärte, kurze Abhandlung zum Thema von Gerhard Bäcker, Ernst Kistler und Uwe G. Rehfeld für die Bundeszentrale für politische Bildung hier).

Dass der Begriff “kapitalgedeckt” noch dazu in die Irre führt, weil das “Riestern” und andere Anlageformen der privaten Altersvorsorge gerade die realwirtschaftliche Kapitalbildung verhindern, aus deren Produktivität, Produktion und Beschäftigung die Einkommen entstehen, aus denen die zukünftigen Renten bezahlt werden müssen, ist ein weiterer von den Befürwortern der privaten Altersvorsorge ausgeblendeter Gesichtspunkt. Denn Sparen heißt nun einmal: nicht konsumieren. Das aber führt dazu, dass auch weniger investiert wird, weil das Wachstum und damit auch die Auslastung des vorhanden (realwirtschaftlichen) Kapitalstocks geringer ausfällt, als wenn die Menschen mehr (weniger) aus ihrem laufenden Einkommen konsumieren (sparen) würden.

Nicht diejenigen, die einem angemessenen gesetzlichen Rentenniveau das Wort reden “versündigen” sich daher an den Jüngeren, wie Siems meint, sondern diejenigen, die, wie Siems, die private Altersvorsorge protegieren.

Der Unsinn, den Siems in ihrem Artikel vorträgt, wird aller Wahrscheinlichkeit jedoch nicht verhindern, dass sie auch zu diesem Thema in den Presseclub und andere Sendungen als Diskussionspartner eingeladen wird. Die Rolle, die die etablierten Medien bei der Durchsetzung der privaten Altersvorsorge und der Diffamierung der gesetzlichen Rente von Anfang an gespielt haben, bleibt auch aus diesem Zusammenhang heraus voraussichtlich bis auf weiteres kontraproduktiv.


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