Frankreich: Der verirrte Präsident

Vor rund zehn Tagen haben wir unter der Überschrift “Warum die Proteste Hollande wohl erhalten bleiben werden” eine Analyse publiziert, die die eigentliche Grundlage für den Widerstand der Bevölkerung gegen die von Hollande vorangetriebene Senkung der Staatsausgaben und Verschlechterungen der Arbeitnehmerrechte erklärt. Seitdem sind die Proteste weiter eskaliert. Jetzt sind es die Gewerkschaften, die sich den “Reformen” mit immer drastischeren Maßnahmen in den Weg stellen. Stefan Simons berichtet heute in Spiegel online darüber und, auch das haben wir bereits im Beitrag vom 4. Mai problematisiert, unterlässt es, die Maßnahmen der Regierung Hollande zu hinterfragen. So wie es die deutschen Medien mehrheitlich bei der Agenda 2010 praktiziert haben – und es bis heute tun. Immerhin, Simons vergleicht die politische Ausrichtung in Frankreich mit der deutschen Agenda 2010. Aber nur, weil Simons die “Reformen” nicht hinterfragt und den Ursachen der Proteste nicht auf den Grund geht, kann er wohl auch zu dieser Schlussfolgerung kommen:

“Würde Hollande bei diesem Projekt einknicken, wäre das ein Desaster für ihn.”

Das aber ist zumindest sehr fraglich; wahrscheinlicher ist sogar – das zeigt nicht zuletzt unsere Analyse vom 4. Mai -, dass es sich umgekehrt verhält: Hollande wird an seinen eigenen “Reformen” scheitern, weil sie am falschen Punkt ansetzen. Wenn es stimmt, dass Hollande, wie der Spiegel ebenfalls berichtet, seine Politik “bis zum Ende” durchsetzen will, dürfte dem eine gehörige Portion Verzweiflung zugrunde liegen. Gleichzeitig aber unterstreicht dieses Gebaren, wie weit sich Hollande und seine Regierung von der Bevölkerung entfernt haben. Es fehlt also nicht nur an einer fundierten politischen Orientierung, es fehlt auch an Empathie. Eine weitere Parallele zur deutschen Agenda 2010.

Es ist diese Politik, die Le Pen in Frankreich weiter stärken wird. So wie es die Auswirkungen der Agenda 2010 sind, die Bewegungen wie PEGIDA und Parteien wie die AfD in Deutschland stärken. Es sind die demokratisch gewählten Parteien, die den Radikalen den Weg ebnen – auch, weil sie sich, einmal in Amt und Würden, längst nicht mehr an das Einmaleins der Demokratie halten: Verantwortung für das Gemeinwohl zu übernehmen und nicht über die Köpfe der Bevölkerung hinweg zu regieren.


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