Wie hysterisch die deutschen Medien mehrheitlich über den US-Wahlkampf berichten, zeigt gerade die Aufregung über einen vermeintlichen Aufruf des konservativen Präsidentschaftskandidaten Donald Trump, die Waffe gegen seine demokratische Konkurrentin Hillary Clinton zu richten. Ein Musterbeispiel dafür ist erneut Marc Pitzke in Spiegel online. “Da will einer den Schuss hören” unterstellt er Trump. Andere Medien agieren, wie schon eine kurze Recherche bei google news zeigt, ähnlich. Schon die Einhelligkeit mit der eine vermeintlich zweideutige Aussage Trumps gedeutet wird, sollte doch aber Misstrauen wecken.
Kurze Zeit später machten dieselben Medien damit auf, dass der Secret Service, die Strafverfolgungsbehörde, die unter anderem mit dem Schutz des Präsidenten und Vize-Präsidenten der USA betraut ist, sich bereits eingeschaltet habe. “Jetzt droht sogar der Secret Service Trump”, berichtet die Bild-Zeitung. “Secret Service schaltet sich ein”, meldet Die Welt.
Die Nachrichten-Agentur Reuters, die der Mehrzahl der Tageszeitungs- und Online-Journalisten als wesentliche Informationsquelle dient, gab dagegen, sich auf eine offizielle Quelle berufend, bekannt, dass es keine formellen Gespräche des Secret Service mit Trump und seinem Wahlkampf-Team gegeben habe. Selbst wenn die deutschen Medien auch darüber berichten würden, wäre Trump aufgrund der vorangegangenen Berichterstattung doch sicherlich für viele Menschen schon einmal ein Sicherheitsrisiko und potenzieller Krimineller, wenn schon der Secret Service ein Auge auf ihn wirft. Diese Nachricht wurde übrigens von CNN gesetzt, die die deutschen Medien wohl ungeprüft übernommen haben. Trump bezeichnet den mächtigen Nachrichtensender übrigens seit langem als “Clinton News Network”. Der Vorgang ist zumindest wenig geeignet, diesen Vorwurf zu entkräften. Reuters zitiert auch noch einmal die Passage, die vermeintlich zweideutig sein und sogar zum Mord auf Clinton aufrufen soll. Eine nüchterne Lesart verbietet geradezu solche Rückschlüsse.
“If she gets to pick her judges, nothing you can do folks,´ Trump told a North Carolina campaign rally on Tuesday. ´Although the Second Amendment people, maybe there is, I don’t know,´ he added, leading some critics to believe Trump was referring to gun violence against his rival”
Wenn Clinton ihre Richter durchsetzte, so also Trump, könnten die Menschen nichts mehr tun. Obwohl die Leute, die für den Erhalt des Second Amendment einträten (das ist der Teil in der Verfassung, der es jedem US-Bürger garantiert, in den Besitz einer Waffe zu gelangen), die könnten das vielleicht verhindern. Daraus abzulesen, Trump würde jene Befürworter dazu aufrufen, von ihrem Waffenrecht gebrauch zu machen und Clinton zu ermorden, ist, zurückhaltend formuliert, doch sehr gewagt. Der – vielleicht aus anderen Gründen nicht unberechtigte – Verdacht, Trump sei unberechenbar und gefährlich, den sich die Medien so einhellig auf ihrer Fahnen geschrieben haben, fällt so auf sie selbst zurück. Warum jene Medien mehrheitlich so agieren, haben wir in einer vorausgegangenen Analyse untersucht. Es geht in unseren Analysen, man muss es wohl aufgrund der mehrheitlich einseitigen und unsachlichen Berichterstattung betonen, nicht darum, nun unsererseits Partei zu ergreifen. Es geht schlichtweg darum, sachlich zu berichten und zu hinterfragen, um eine Arbeitsweise also, die für Journalisten doch selbstverständlich sein sollte. Wir werden aus diesem Blickwinkel heraus den US-Wahlkampf auch weiter verfolgen und darüber berichten.
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