Die Macher von Trump, Le Pen und AfD

Nicht nur die deutschen Medien gerieren sich mehrheitlich als Moralapostel, auch die amerikanischen, auch die französischen. Dasselbe gilt für die (noch) Regierenden, denen jene Medien nach dem Mund schreiben und reden. Da wundert es nicht, wenn dort einiges durcheinander geht. Beide übersehen, dass sie die eigentlichen Macher von Trump, Le Pen und AfD sind. Der von ihnen monierte Populismus, der von ihnen an die Populisten und die ihnen dienenden sozialen Netzwerke gerichtete Vorwurf, diese würden Lügen verbreiten, mag zu weiten Teilen stimmen. Er trifft aber schon viel länger auf die etablierte Politik und die etablierten Medien zu. Wären beide ihrer Verantwortung gerecht geworden, wäre es niemals so weit gekommen.

Das erstaunliche dabei ist, dass die herrschenden wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Verhältnisse, die nun schon seit geraumer Zeit den Populismus wieder haben salonfähig werden lassen, so offensichtlich sind. Es ist auch nicht so, dass die gestiegene Ungleichheit, die Vernachlässigung breiter Bevölkerungsschichten einerseits und die Privilegierung von Einzelinteressen von ohnehin mit mehr Macht und Wohlstand ausgestatteten Mitgliedern der Gesellschaft andererseits, nicht von Beginn an immer wieder und durchaus öffentlichkeitswirksam kritisiert worden wären. Allein, es hat nichts bewirkt. Das Bewusstsein einiger Akteure mag dadurch geschärft worden sein, nicht aber das derjenigen, die die wirtschaftliche und gesellschaftliche Entwicklung bis heute bestimmen. Man denke nur an den Kampf der etablierten Politik und der etablierten Medien gegen den Mindestlohn oder den Mindestlohn selbst, der nachweislich nicht ausreicht, die Existenz zu sichern. Dass der Mindestlohn überhaupt notwendig wurde, ist so offensichtlich eine Konsequenz gesellschaftlicher Fehlentwicklungen, die ihrerseits Konsequenz von politischen Fehlentscheidungen waren. Fehlentscheidungen deswegen, weil sie die wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Grundlagen einer auf Gleichheit und sozialen Kompromiss zielenden Grundordnung fundamental geschwächt haben.

Die “vierte Gewalt” hat diese Entwicklungen mehrheitlich nicht nur nicht kritisch begleitet, die tonangebenden Medien – privat und öffentlich-rechtlich – waren vielmehr ein Motor für diese Entwicklungen. Sie haben sie eingefordert und Beifall geklatscht, wenn ihre Propaganda Erfolge zeitigte. Nur wenige Journalisten und nur wenige Politiker haben jene Politik hinterfragt. Das aber wäre die Voraussetzung dafür gewesen, die Konsequenzen jener Politik zu thematisieren, zu warnen, Alternativen aufzuzeigen. Nichts davon in den Medien, die sich jetzt über Trump, Le Pen und AfD echauffieren. Die Frankfurter Allgemeine Zeitung bringt diese prekäre Lage – sicherlich ungewollt – sehr gut auf den Punkt, indem sie den zukünftigen Chef-Strategen von Trump, Stephen Bannon, zitiert:

“Als das ´ultimative Symbol dafür, was mit diesem Land falsch ist´, benannte Bannon die ´Medienblase´. ´Es ist ein Kreis von Leuten, die mit sich selbst sprechen, die nicht die leiseste Ahnung davon haben, was los ist.´ Viele Zeitungen schrieben nur bei der ´New York Times´ ab. ´Das ist ein geschlossener Informationskreis, aus dem Hillary Clinton all ihre Informationen bezog – und ihr Selbstvertrauen. Das war unser Einfallstor.”

Wer würde dem ernsthaft widersprechen wollen – außer die Journalisten und Politiker selbst. Bannons Analyse trifft auch voll und ganz die Situation der Medien und der Politik in Deutschland. Nur, weil Medien und Politik so aufgestellt sind, wie sie sind, kommen Trump, Le Pen und AfD an die Macht. Nur, weil die eigentlichen Macher von Trump, Le Pen und AfD nicht zur Besinnung kommen und sogar jetzt noch denken, sie können weiter machen wie bisher. Wenn der Faschismus droht, wie Jakob Augstein in seinen oberflächlichen Kolumnen posaunt, ohne seinerseits den Sachen auf den Grund zu gehen, dann aufgrund jener demokratiefeindlichen Konstellation von Politik und Medien. Weil ihr verloren gegangenen Bezug zur Realität – auch hierin hat Bannon recht – immer mehr Menschen betrifft und immer mehr Menschen sich – durchaus zurecht -  von Politik und Medien betrogen fühlen und in die Enge getrieben sehen, wenden sie sich anderen zu, die ihnen versprechen, eben jene Verhältnisse zu ändern. Dass sie dabei nicht so genau hinschauen, sollten Politik und Medien ihnen nicht vorwerfen. Sie tun es ja schließlich viel länger schon nicht: genau hinschauen. Der Unterschied: Politik und Medien tun dies aus ihrer satten, selbstgefälligen oder auch nur den Mächtigen hörigen Position, diejenigen, die Trump, Le Pen und AfD wählen, tun es aus Verzweiflung – aus Verzweiflung über die herrschende Politik und ihr Sprachrohr, die tonangebenden Medien.


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